Interview mit der Erstautorin Mara Steiger über ihre neue Studie zur Neurochirurgie

In unserer Interviewserie sprechen wir mit den Erstautor*innen aktueller Studien und blicken hinter die Kulissen der Forschung

11. März 2025

Mara Steiger, Doktorandin am MPIMG, ist neben Björn Brändl (CAU, Kiel) eine*r der Erstautor*innen einer aktuellen Studie, die das Kretzmer-Labor (früher am MPIMG, jetzt am HPI in Potsdam) und die Gruppe von Franz-Josef Müller am UKSH in Kiel gemeinsam in Nature Medicine veröffentlicht haben. Wir sprachen mit ihr über ihre Motivation, dieses Projekt in Angriff zu nehmen, was ihr an der Arbeit am meisten Spaß gemacht hat und wie sie sich beruflich durch dieses Projekt weiterentwickelt hat.

Mara, kannst Du die Ergebnisse der Studie zusammenfassen?

Wir haben ein Machine-Learning-Modell entwickelt, das auf einem klassischen statistischen Theorem basiert und das Methylierungsdaten nutzt, um das Epigenom von Tumoren zu charakterisieren. Zusammen mit unseren Kollegen haben wir diesen Ansatz genutzt, um eine ultraschnelle Klassifizierung von Hirntumoren während der Operation mittels Nanopore-Sequenzierung zu ermöglichen. Da dieser Ansatz verwertbare Informationen in weniger als einer Stunde liefert, könnte er Chirurg*innen helfen, ihre Strategie in Echtzeit anzupassen und so möglicherweise Behandlungsergebnisse für die Patienten zu verbessern.

Was war Deine Motivation, dieses Projekt zu starten?

Ich bin über die Graduiertenschule IMPRS-BAC zu dem Projekt gekommen, und es passte perfekt zu meinen bisherigen Erfahrungen. Ich habe einen Hintergrund in Bioinformatiker mit einem Schwerpunkt auf Data Science und einem besonderen Interesse an Genomregulation. Während meines Bachelorstudiums habe ich hier am MPIMG mit Martin Vingron an der Vorhersage der Aktivität von Enhancern gearbeitet. Für meine Masterarbeit ging ich an das FLI in Jena, wo ich ein Projekt zur Altersvorhersage auf Basis der DNA-Hydroxymethylierung durchgeführt habe. Daher war ich sofort an diesem Projekt interessiert, da es sich wie eine natürliche Fortsetzung meiner früheren Arbeit anfühlte, die sich ebenfalls auf Epigenetik und die Anwendung von maschinellem Lernen in diesem Kontext konzentrierte. Was das Projekt für mich noch interessanter machte, war die Möglichkeit, diese Methoden in der Krebsdiagnostik anzuwenden.

Was war die größte Herausforderung in diesem Projekt?

Eine der größten Herausforderungen - aber auch eine große Chance - bei langfristigen, gemeinsamen Projekten ist die Arbeit in einem interdisziplinären Team. Eine effektive Kommunikation zwischen den Partner*innen, deren Expertise von Laborarbeit über die chirurgische Onkologie bis hin zur Bioinformatik reicht, war unerlässlich. Die Anforderungen, Herangehensweisen und Arbeitsabläufe sind oft sehr unterschiedlich, so dass wir ein gegenseitiges Verständnis für die Methoden und Perspektiven der anderen entwickeln mussten, um sie sinnvoll zusammenzuführen.

Welche neuen Fähigkeiten hast Du dabei erworben?

Sicherlich diese interdisziplinäre Kommunikation. Aber ich habe auch gelernt, den Überblick über ein Projekt zu behalten und manchmal einen Schritt zurückzutreten, um das Ganze zu betrachten. Es ist wichtig, sich nicht in Kleinigkeiten zu verzetteln und immer das große Ganze im Auge zu behalten. Ich würde auch sagen, dass ich viele neue methodische Fähigkeiten erworben habe.

Was hat Dir am meisten Spaß gemacht?

Die Optimierung des statistischen Modells. Die ursprüngliche Implementierung funktionierte recht gut, aber vor allem in meinem ersten Jahr hier habe ich mich auf die Feinabstimmung konzentriert, was die Leistung unseres Modells erheblich verbessert hat.

Es war auch sehr interessant zu sehen, wie die modernen Sequenziertechnologien völlig neue Möglichkeiten in der Klinik eröffnen - wie zum Beispiel eine schnelle epigenombasierte Tumorklassifizierung -, die es vorher einfach nicht gab. Diese Fortschritte bringen aber auch neue Herausforderungen mit sich und erfordern neue Ansätze. Es war daher äußerst spannend zu entdecken, dass ein relativ einfaches, aber sorgfältig optimiertes statistisches Modell ideal ist, um diesen Herausforderungen zu begegnen, insbesondere angesichts der begrenzten Datenverfügbarkeit.

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