Fett für besser schlafende Embryos
Wissenschaftler beschreiben die Rolle des Fettstoffwechsels beim Phänomen der embryonalen Diapause.
In einer neuen Veröffentlichung in Nature Cell Biology zeigt das Team um Aydan Bulut-Karslioglu, dass Embryonen während der Diapause auf Lipide als Hauptenergiequelle zurückgreifen. Außerdem haben sie einen wichtigen Regulator des Energiehaushalts in ruhenden Embryonen identifiziert.
Für viele wildlebende Säugetiere ist es für den Fortpflanzungserfolg entscheidend, die Geburt ihrer Nachkommen mit günstigen Umweltbedingungen zu synchronisieren. Arten wie Kängurus, Bären und Nagetiere haben eine Strategie entwickelt, die als embryonale Diapause bezeichnet wird und es ihnen ermöglicht, die Embryonalentwicklung während einer Hungerperiode zu unterbrechen, bis sich die Umweltbedingungen wieder verbessern. Dieser Zustand erfordert rechtzeitige Veränderungen in der Genexpression und einen angepassten Stoffwechsel: "Ruhende Embryonen müssen irgendwie die Nährstoffzufuhr reduzieren, um das Wachstum zu stoppen, aber gleichzeitig eine konstante Energiequelle aufrechterhalten, um zu überleben", erklärt Aydan Bulut-Karslioglu. Wie die Wissenschaftler nun herausgefunden haben, ist der Nährstoff, der diese Energie liefern kann, Fett. "Das wichtigste Ergebnis unserer Studie ist, dass der Stoffwechsel in schlafenden Embryonen so umgestellt ist, dass er auf die in den Zellen gespeicherten Fettreserven als Hauptnährstoff zurückgreift", sagt Aydan Bulut-Karslioglu.
Verlängerte Ruhepause
Die Forschungsgruppe hatte zuvor ein System im Labor entwickelt, das auf der Beobachtung basierte, dass die Hemmung eines wichtigen zellulären Signalwegs namens mTOR bei Mäuseembryonen und Stammzellen die Diapause auslöst. Da die Wissenschaftler wussten, dass Lipide schlafende Embryonen nähren, fütterten sie ihr in-vitro-System mit verschiedenen Lipiden und Metaboliten. Dabei entdeckten sie einen praktischen Nebeneffekt eines Metaboliten namens L-Carnitin. Dieser hilft Zellen, gespeicherte Fettreserven zu nutzen: "Die Supplementierung mit L-Carnitin verbesserte unser In-vitro-System, verlängerte die Diapause der Embryonen auf eine Dauer auf bis zu 34 Tage und trug auch dazu bei, die Embryonen in einen tieferen, aber reversiblen Ruhezustand zu versetzen", sagt Aydan Bulut-Karslioglu. Das Team identifizierte auch das so genannte Forkhead-Box-Protein O1 (FOXO1) als den Hauptschalter, der die Stoffwechselanpassung reguliert und zur Aufrechterhaltung der Ruhephase beiträgt.
Die Rolle des Lipidstoffwechsels in anderen ruhenden Zellen
Das Phänomen der Zellruhe tritt nicht nur bei Embryonen auf, sondern auch im erwachsenen Gewebe, wo ruhende Stammzellen als Reservoir für die Neubildung spezialisierterer Zellen dienen. Die Forscher verglichen ihre Ergebnisse mit bestehenden Datensätzen über die Transkriptionsaktivität ruhender Stammzellen. Sie fanden heraus, dass FOXO1 und viele andere Gene, die am Fettstoffwechsel beteiligt sind, auch hier hochreguliert sind, was auf gemeinsame Mechanismen zwischen den beiden Phänomenen hindeutet. Das von den Wissenschaftlern geschaffene verbesserte in vitro-System könnte nun die weitere Erforschung der Diapause erleichtern und hat Potenzial für biotechnologische Anwendungen: "Wir haben das System so optimiert, dass die Embryonen ihre eigenen Lipide effizienter nutzen können. Unser nächstes Ziel ist es, einen Weg zu finden, dem Embryo Lipide von außen zuzuführen. Damit könnten wir den Ruhezustand in vitro noch länger aufrechterhalten", sagt Aydan Bulut-Karslioglu.