Alexander Meissner erhält Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates

Millionenförderung für die Entschlüsselung des Epigenoms von Krebs

30. März 2023

Alexander Meissner, Geschäftsführender Direktor am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik (MPIMG), wurde vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem ERC Advanced Grant ausgezeichnet. Sein Vorhaben wird mit 2,5 Millionen Euro gefördert und hat die Entschlüsselung des Epigenoms von Krebs mit Hilfe der Entwicklungsbiologie zum Thema.

Bösartige Tumorzellen und die Plazenta des sich entwickelnden Embryos weisen erstaunliche Ähnlichkeiten in ihrer epigenetischen Signatur auf. Epigenetische Informationen sind chemische Modifikationen des Erbgutes, die die genetische Sequenz unangetastet lassen. Sie wirken sich nichtsdestotrotz auf die Aktivität von Genen aus: modifizierte DNA-Abschnitte sind ruhiggestellt und mit einer Lesesperre versehen.

„Wir werden Modelle von Plazentagewebe der Maus untersuchen, um mehr über die Frühphase von Tumoren zu erfahren“, fasst Meissner das Vorhaben zusammen, das vom ERC gefördert wurde. Denn bei fast allen Krebsarten kommt es zu einer Reprogrammierung der epigenetischen Markierungen der DNA, wie auch in der frühen Plazenta. Steuersequenzen, die normalerweise frei von Markierungen sind, gewinnen welche hinzu. Weite Teile des Genoms, die normalerweise als „inaktiv“ markiert sind, verlieren dagegen bei Krebs und in der Plazenta ihre Marker.

Plazenta und viele Krebsarten ähneln sich

Weshalb sich die beiden Epigenome so stark ähneln, ist noch nicht bekannt. Ein Grund könnte die biologische Funktion der Plazenta sein. Sie ist ein Organ, das von Natur aus schnell wachsen muss, Blutgefäße sprießen lässt und Funktionen des Immunsystems unterdrückt.

„In ihrer Funktion fängt die Plazenta Giftstoffe ab und toleriert deshalb Mutationen – immerhin wird sie nur relativ kurze Zeit gebraucht, bis sie kurz nach der Geburt abgestoßen wird“, sagt Meissner.

Wegen dieser biologischen Parallelen zu Tumoren vermutet Meissner, dass in allen Zellen Steuermechanismen veranlagt sind, die ein solches Verhalten auch ohne genetische Krebs-Mutationen ermöglichen. Umgekehrt könnten dieselben Mechanismen womöglich genutzt werden, um Krebserkrankungen zu bekämpfen.

Nun möchte der Forscher zusammen mit seinem Team diese Gemeinsamkeiten auf biochemischer, genetischer und physiologischer Ebene erforschen: „Wir glauben, dass das Epigenom der Plazenta und damit auch das Krebsepigenom spezifische molekulare Schalter besitzt, die wir mit unseren selbst entwickelten Techniken und Methoden mit höchster Auflösung untersuchen können.“

Über die ERC Advanced Grants

Der Europäische Forschungsrat (ERC) vergibt im Jahr 2023 insgesamt 218 Advanced Grants an herausragende Forscherinnen und Forscher in ganz Europa. Die Grants gehören zu den prestigeträchtigsten und kompetitivsten EU-Förderprogrammen und sollen es Forschenden ermöglichen, besonders ehrgeizige Projekte zu verfolgen. Sie werden an etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vergeben, die in den letzten zehn Jahren nachweislich bedeutende Forschungsergebnisse erzielt haben. Bei der aktuellen Ausschreibung gingen fast 1.650 Bewerbungen ein; die Erfolgsquote lag bei 13,2 %.

Über Alexander Meissner

Alexander Meissner ist in Berlin geboren und aufgewachsen. Er hat Biotechnologie an der Technischen Universität Berlin studiert und wurde anschließend bei Rudolf Jaenisch am Whitehead Institute des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston in den USA promoviert. Nach eineinhalb Jahren als Postdoc bei Rudolf Jaenisch und Eric Lander wechselte Meissner 2008 in die Abteilung für Stammzellen und Regenerative Biologie an der Harvard University und zum Broad Institute, wo er seine unabhängige Karriere startete. Dort lehrte er zunächst als Assistant Professor und später als Full Professor.  2017 folgte er einem Ruf an das Max-Planck-Institut für molekulare Genetik als Direktor und Wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft. Seit Februar 2019 ist er Geschäftsführender Direktor des Instituts und seit Januar 2020 auch Honorarprofessor für Biochemie an der Freien Universität Berlin.

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