Neue Ursache für Herzinfarkt gefunden

10. November 2013

Zwei seltene Genveränderungen können, wenn sie gemeinsam auftreten, eine Ursache für Herzinfarkt sein. Das fand ein internationales Forschungsteam bei der Untersuchung einer Großfamilie heraus, in der 23 Mitglieder einen Herzinfarkt erlitten hatten. Die Genveränderungen (Mutationen) wirken sich auf den Stickstoffmonoxid (NO)-Signaltransduktionsweg in Blutplättchen (Thrombozyten) aus. Dies führt zum vermehrten Verkleben der Blutplättchen und zu einem dramatisch erhöhten Herzinfarktrisiko. Die Forscher um Jeanette Erdmann, Christian Hengstenberg und Heribert Schunkert (Institut für Integrative und Experimentelle Genomik, Universtät zu Lübeck und Deutsches Herzzentrum München) fanden darüber hinaus eine ähnliche, aber in der Bevölkerung häufiger vorkommende Mutation, die ebenfalls das Herzinfarktrisiko erhöht, wenn auch in einem geringeren Maße. Die verwendeten Daten wurden unter anderem im Rahmen der Berliner Altersstudie II (BASE-II) gewonnen – als Mitautoren sind daher die Sprecherin von BASE-II, Charité-Professorin Elisabeth Steinhagen-Thiessen sowie Lars Bertram vom Max-Planck-Insitut für molekulare Genetik und Shu-Chen Li von der TU Dresden bzw. dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung an der Arbeit beteiligt. Die Forscher berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe von Nature.

Hintergrund

Die hier beschriebene Familie wurde im Rahmen der “Deutschen Herzinfarkt-Familienstudie” identifiziert. Die “Deutsche Herzinfarkt-Familienstudie” wurde 1997 ins Leben gerufen und verfolgt das Ziel, die genetischen Ursachen der koronaren Herzerkrankung aufzuklären. Interessanterweise konnten die Wissenschaftler in den genetischen Daten von 30.000 Herzinfarktpatienten und 80.000 Kontrollen in Zusammenarbeit mit dem globalen Konsortium CARDIoGRAM nachweisen, dass nicht nur sehr seltene Mutationen im GUCY1A3 Gen das Herzinfarktrisiko erhöhen, sondern dass es auch häufige Varianten in diesem Gen gibt, die das Herzinfarktrisiko in der Bevölkerung erhöhen (siehe Nature Genetics 2013; 45:25-33). Die Daten der unabhängigen Kontrollen stammen unter anderem aus der Berliner Altersstudie II (BASE-II), in deren Rahmen auch umfangreiche medizinische und genetische Daten von rund 2.200 Berliner Bürgerinnen und Bürgern erhoben werden. Neben den genetischen Daten werden im Rahmen des interdisziplinären Ansatzes aber auch noch weitere Informationen erhoben, denn die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen gehen davon aus, dass es sehr viele unterschiedliche Faktoren gibt, die dazu beitragen, wie jemand altert. Es kann beispielsweise eine Rolle spielen, wo und wie Menschen wohnen, wie sie sich ernähren oder ob es erbliche Merkmale gibt, die das Altern beeinflussen.

Um ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten, sind an BASE-II Mediziner, Biologen, Psychologen, Ernährungs- und Sozialwissenschaftler beteiligt. BASE-II wird von fünf Forschungseinrichtungen gemeinsam durchgeführt: Der Forschungsgruppe Geriatrie der Charité - Universitätsmedizin Berlin (Prof. Dr. Elisabeth Steinhagen-Thiessen), dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (Prof. Dr. Ulman Lindenberger), dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) (Prof. Dr. Gert Wagner) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, dem Max-Planck-Institut für molekulare Genetik (Dr. Lars Bertram) und der Forschungsgruppe Immunologie an der Universität Tübingen (Prof. Dr. Graham Pawelec) .

Die Arbeit der Forscher um Jeanette Erdmann, Christian Hengstenberg und Heribert Schunkert wurde durch das BMBF im Kontext des NGFN-plus (Atherogenomics) und DZHK (Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e. V.) gefördert. Die Berliner Altersstudie II wird im Rahmen des Förderschwerpunktes „Grundsatzfragen einer Gesellschaft des längeren Lebens“ durch das BMBF gefördert.

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